Gartenpodcast "Kleiner Tipp"   Insektenseminar

Der phänologische Kalender – die Jahreszeitenuhr der Natur
Nach unserer Zeitrechnung beginnt bald wieder ein neues Jahr mit genau
berechneten Terminen.
Die Abläufe in der Natur stimmen aber nicht exakt mit diesen Terminplänen
überein, da sie stark von der wechselhaften Witterung abhängen.
Während in den Tropen und Subtropen die Vegetations- und Ruhezeiten
der Pflanzen durch Regen- und Trockenzeiten ausgelöst werden, prägt in unseren
Breiten die Durchschnittstemperatur den Zustand der Vegetation.
 
In unserer Vorstellung verbinden wir die vier Jahreszeiten mit bestimmten Bildern:
Der Frühling bringt saftiges Grün, der Sommer die Blütenfülle, der Herbst
lässt Früchte reifen, der Winter zeigt kahle Äste und Tannengrün.
 
Doch die Natur hält sich nicht immer an den Kalender.
Oft weht zum kalendarischen Frühlingsbeginn noch ein rauer Wind, oder
es fällt sogar Schnee.
Die Tätigkeiten im Garten müssen selbstverständlich mit den realen
Verhältnissen im Einklang sein.
 
Eine bessere Orientierung als der reguläre Kalender bietet hier der
phänologische Kalender, dem langjährige Beobachtungen wiederkehrender
Ereignisse in der Natur zugrunde liegen.
Die häufig belächelten Bauernregeln spiegeln dieses Wissen wider, wobei
so manche „Weisheit“ durchaus kritisch bewertet werden sollte.
Aus diesen Überlieferungen entwickelte sich im 18. Jahrhundert „die Lehre der Erscheinungen“ – die Phänologie.
Hier werden die Beobachtungen aus Land- und Forstwirtschaft, Meteorologie und
Ökologie miteinander verknüpft.
 
Der phänologische Kalender des Deutschen Wetterdienstes kennt für die
Vegetation zehn Jahreszeiten.
Entwicklungsstadien, wie Blühbeginn und Reife bestimmter Pflanzen, signalisieren
den Beginn einer Jahreszeit.
 
Dieser Zeitpunkt kann jedoch je nach Landschaftsgebiet unterschiedlich sein. Witterungsbedingt gibt es oft Ausreißer, wodurch eine phänologische Jahreszeit
extrem früh oder sehr spät beginnen kann.
 
Im Vergleich jahrzehntelanger Aufzeichnungen vieler kleiner Gebiete zeigt sich trotz
mancher Unregelmäßigkeiten eine Tendenz zur Verfrühung des Frühlings.
Die zehn Jahreszeiten der Vegetation
 
Vorfrühling
Beginn der Haselnussblüte oder ersatzweise derSchneeglöckchenblüte
 
Erstfrühling
Beginn der Forsythienblüte oder ersatzweise der Blattentfaltung der Stachelbeere
 
Vollfrühling
Beginn der Apfelblüte oder ersatzweise der Blattentfaltung der Stieleiche
 
Frühsommer
Beginn der Blüte des Schwarzen Holunders
 
Hochsommer
Beginn der Blüte der Sommerlinde oder ersatzweise der Fruchtreife der Johannisbeere
 
Spätsommer
Beginn der Fruchtreife des Frühapfels oder ersatzweise der Fruchtreife der Eberesche
 
Frühherbst
Beginn der Fruchtreife des Schwarzen Holunders
 
Vollherbst
Beginn der Fruchtreife der Stieleiche oder ersatzweise der Fruchtreife der Rosskastanie
 
Spätherbst
Beginn der Blattfärbung der Stieleiche oder der Blattfärbung der Rosskastanie
 
Winter (Vegetationsruhe)
Beginn des Auflaufens des Winterweizens oder ersatzweise des Blattfalls von spätreifendem Apfel oder Stieleiche
 
Der Fachberater, November 2008